Moin,
nachdem ich in den letzten beiden Artikeln der Serie geschildert habe, wieso das Scouten von Orten für mich so wichtig ist möchte ich heute ein paar Tipps geben wie ich überhaupt dazu komme bestimmte Orte näher unter die Lupe zu nehmen. Beginnen möchte ich diesen Themenkomplex heute mit den „Low Effort“-Wegen neue Locations zu finden. Dabei stütze ich mich voll und ganz auf meine eigenen Erfahrungen und schildere wie ich neue Orte finde.
The Road less traveled
Es ist so banal wie wahr: neue Orte entdeckt man, wenn man an neue oder unbekannte Orte geht. In der Praxis umfasst dieser Tipp für mich zwei Ansätze: Für Sonntagsspaziergänge gehe ich oftmals nicht in den Wald hinterm Haus oder fahre zum fünfzigsten Mal an den nahegelegenen Stadtstrand, sondern schaue mir Karten der Umgebung entweder klassisch auf Papier oder heutzutage eher online auf Google-Maps und Open Street Map an und mache etwa Seen oder Waldstücke der näheren Umgebung aus, die ich noch nicht kenne. Wenn es dort verzeichnete Wege gibt fahre ich diese mir bislang unbekannten Orte gezielt zum entspannten Spazierengehen an. Auf diese Art und Weise habe ich schon das eine oder andere Fotomotiv entdeckt, dass ich entweder bereits fotografiert habe oder noch für den passenden Zeitpunkt in der Hinterhand habe. Mein zweiter Tipp ist ähnlich simpel und schlägt in die gleiche Kerbe: Wenn ich etwa auf morgendlicher Fototour oder Spazieren war und die Zeit nicht drängt „verfahre“ ich mich mit purer Absicht und fahre kleinere Umwege auf Nebenstraßen. Je kleiner die Straßen, desto unwahrscheinlicher ist es auf andere Verkehrsteilnehmer zu treffen und ich kann in aller Seelenruhe gemütlich zwischen Wäldchen, Feldern und Wiesen umherfahren, ohne ein Verkehrshindernis zu sein. Besonders zur Rapssaison, Mohn- und Kornblumenzeit aber auch zur Getreideernte lohnt es sich nach schönen, hügeligen Feldern Ausschau zu halten. Das Rapsfeld etwa, dass ich dieses Jahr zweimal abgelichtet habe, habe ich letztes Jahr so entdeckt. Es lohnt sich also auch etwas Fantasie im Gepäck zu haben und sich die Felder mit unterschiedlicher Bepflanzung vorzustellen.
Sehenswürdigkeiten und Reiseführer
Wenn ihr in den Urlaub fahrt, nehmt ihr mit Sicherheit mal einen Reiseführer in die Hand oder googelt vorher die Sehenswürdigkeiten – aber habt ihr das auch einmal für euer Hausrevier getan? Man mag es kaum glauben aber einige Sehenswürdigkeiten sind tatsächlich im wahrsten Sinne sehenswert und damit unter Umständen auch ein Foto wert. Dagegen sich Locationtipps zu holen spricht nie etwas. Am wertvollsten sind natürlich die Tipps anderer Fotografen, die wissen worauf es bei einer Fotolocation oder einem Motiv ankommt. Hierfür gibt es beispielsweise die Plattform https://www.locationscout.net, auf der man sich kostenlos registrieren kann. Jeder Nutzer kann dann auf Landkarten interessante Orte und Motive markieren und mit einem Beispielfoto versehen. Das ist besonders für Urlaube in weiter entfernten Ecken interessant, kann aber auch das eine oder andere Motiv direkt in eurer Nähe offenbaren. Wollt ihr euch selbst an der Plattform beteiligen profitieren wiederum andere von euren Erfahrungen. Hier jedoch eine persönliche Bitte: Teilt öffentlich grundsätzlich nur Locations, die nicht unter erhöhter Frequentierung leiden oder die ohnehin bereits bekannt sind. Besondere Orte in Naturschutzgebieten, Nationalparks, FFH-Schutzgebieten und so weiter haben in der Öffentlichkeit nichts verloren, wie viele Fälle der letzten Monate leider schmerzlich verdeutlicht haben. Ich für meinen Teil gebe auch keine Locations mehr preis, nehme aber gern mal jemanden zum Fotografieren mit.
Vernetzung mit anderen Fotograf*innen
Vier Augen sehen mehr als zwei. Und noch mehr Augen sehen noch mehr! Es ist enorm hilfreich sich mit Gleichgesinnten – sprich anderen Fotograf*innen – aus der eigenen Region zu vernetzen und auszutauschen. Jeder hat einen anderen fotografischen Fokus, wohnt in etwas anderen Ecken, nutzt andere Routen für seine Spaziergänge oder fährt bevorzugt an andere Strände und kennt dementsprechend andere Orte und Motive. Was mit Flickr und Co schon weit komfortabler war als früher ist heute mit Instagram und Facebook noch um ein Vielfaches einfacher geworden: Das Vernetzen mit und das Unterhalten von Fotokontakten. Zeigt euch gegenseitig eure Reviere, gebt euch Locationtipps oder fragt nach wo ein bestimmtes Bild entstanden ist. Bei einer gewissen Vertrauensbasis spricht nichts gegen einen Austausch von Locations oder noch besser das gemeinsame Fotografieren. Zum einen motiviert gemeinsames losziehen sich etwa zu unchristlichen Uhrzeiten aus dem Bett zu quälen „weil ja jemand auf einen wartet“ und zum anderen seht ihr live und in Farbe wie sich die Personen in der Natur verhalten. Basierend darauf mögt ihr ihnen dann im Vertrauen vielleicht auch euren Geheimtipp preisgeben oder eben auch grade nicht. Wichtig ist dabei jedoch immer, dass die Natur dabei nicht den Kürzeren zieht und man im Vertrauen erhaltene Tipps nicht weiterverteilt oder gar öffentlich macht. Außerdem finde ich es ungemein inspirierend und faszinierend zu sehen, wie andere Fotograf*innen unter denselben Bedingungen dieselben Orte fotografieren und was sie in der Postproduktion aus den Fotos machen. Neben den Orten kann man sich ganz nebenbei auch noch über Bildkomposition und Technik austauschen und vielleicht noch das eine oder andere lernen.
Auch wenn sich diese Low-Effort-Varianten der Locationsuche vielleicht einfach erschließen lassen, waren für den einen oder die andere hoffentlich noch nützliche Denkanstöße mit dabei. Ich kann gar nicht genug betonen wie wichtig das stetige Suchen nach neuen Fotolocations ist und wie viel Spaß das Erkunden bringen kann. Im nächsten Artikel möchte ich Mittel und Wege aufzeigen, die etwas mehr Aufwand und Recherche benötigen, die mitunter aber auch noch zielführender sein können.
Der Weg zum Bild 1: Warum Locationscouting?
Der Weg zum Bild 2: Darum Locationscouting!